Die Objektgruppe „Leute, die früher Publikum genannt wurden“ (2021, Stoff und Füllwatte) umfasst mehrere Galgenstricke, eine Leiter und ein Rad – bunt geblümte und gestreifte Folteraccessoires, die sich in der Ausstellung hell ausgeleuchtet präsentieren. Wie in einem Laden, der ausgefallene Schals und Sofakissen zum Verkauf anbietet. Doch zwischen den bequemen Sprossen und Schlaufen und Speichen deuten sich Grausamkeiten an, die von den nachgenähten Gegenstände aus über den Titel der Arbeit auch auf ein mediales Martyrium verweisen. Nicht nur waren und sind mitunter noch immer Folter und Hinrichtung nicht von einem Publikumsspektakel zu trennen – selbst wenn der Tod sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollzieht. Ebenso sind auch mediale Auftritte – ob eigenmächtig inszeniert oder unfreiwillig durchgestanden – eine „Hölle der Anderen“, in der die Zuschauenden als Richter:innen und Vollstrecker:innen eines Urteils über Unterhaltungswert und Attraktivität agieren. Dies ist umso mehr relevant in einer Medienlandschaft, in der wir alle nicht mehr einfach nur Konsumenten oder: Publikum sind, sondern ebenso Produzenten und Prosumenten – nicht zuletzt unseres eigenen Selbstbildes, das wir nach außen zu transportieren suchen.
Text: Ellen Wagner
Smooth Operating / Manana Bold / Hybrid Ausstellung / Offenbach
Juli 2021
Fotos: Joel Pidoux