Lukas Sünders (geb. 1989) Arbeiten sind sozial involviert und humorvoll auf die Spitze der Eisberge unserer Alltagskommunikation getrieben. Das textile Material, oft fröhlich bunt gemustert, wirkt wie eben gerade vom Sofa aufgestanden – im Schwellenzustand der, durchaus politisch allegorisch zu lesenden, Frage, ob es nun endlich zur Tat zu schreiten, sich einzubringen, aufzulehnen gilt, oder ob man sich nicht doch einfach wieder hinlegen sollte. Sünders Objekte erinnern nicht umsonst an Stofftiere und Heimtextilien. Die Atmosphäre, die die Installationen umgibt, ist heimelig und dabei doch ziemlich un-heimlich: Das allzu Bekannte, Vertraute wird zur Oberfläche, unter der sich das Unbewusste, Unliebsame unserer Gewohnheiten verbirgt. Auch in Sünders Objekten lauert Abgründiges, doch niemals Aussichtsloses. Die anthropomorphisierten Gestalten begegnen uns zerknautscht, erschlafft, dann wieder auf- und angespannt, mal runtergezogen und mal aufgereckt.
Wofür aber könnten Sünders Tintenfische stehen? Die Tiere wirken paradox in ihrer Anatomie, werden Tentakel doch oft, etwa bei Donna Haraway, als Zeichen eines Ausgreifens auf eine Umwelt, eine Verschlingung zwischen Lebensformen und Lebensräumen betrachtet – in kuschligem Plüsch jedoch erscheinen sie gelähmt und hüllenhaft, gemacht für die Pose und dazu, gelikt zu werden. Dennoch ist ihnen eine Gegenbotschaft zum allgemeinen Treiben und Mitschwimmen in den Social Media auf die Stirn geschrieben: „Like“ ist eben nicht gleich „Mind“, und die Herausforderung, im Umgang mit anderen Gemeinsamkeiten genauso wie Unterschiede wahrzunehmen, bleibt – besonders unter scheinbar „Gleichgesinnten“.
Text: Ellen Wagner
Ansicht:
Tintenfische: Smooth Operating / Manana Bold / Juli 21
Atelieransicht
Fotos: Joel Pidoux